Blogbeitrag 4: Ablauf einer kollegialen Beratung
Der Ablauf einer kollegialen Beratung umfasst fünf bis sechs Phasen. Die Dauer der jeweiligen Phasen hängt stark von der zur Verfügung stehenden Zeit ab:
Bei genügend Zeit kann die Gruppe eine Anfangsrunde machen, in der Beratungsanliegen und Rückmeldung zur vorhergehenden Beratung Inhalt sind. Bei knapper Zeitressource werden die Rückmeldungen ausgespart und sofort die Anliegen benannt und die Rollen besetzt.
- Rollenbesetzung (5 Minuten, mit Anfangsrunde 15 Minuten)
Zunächst wird eine Moderation bestimmt, die den Beratungsdurchgang leitet. Falls mehrere Beratungswünsche geäußert werden, wird eine Prioritätenliste der Beratungsanliegen erstellt, die beim jetzigen Treffen und folgenden Treffen bearbeitet werden können.
2. Spontanerzählung (10 Minuten)
In der Phase der Spontanerzählung schildert die fallgebende Person ihr Erleben der Situation und stellt dabei Einzelheiten dar, die aus ihrer Sicht für das Verständnis des Problems wesentlich sind. Neben Informationen zur äußeren Situation (z.B. beteiligte Personen, Schilderung des Ereignisses) ist die Beschreibung der inneren Situation, das Erleben, die Gedanken, Bewertungen, Gefühle und Vermutungen des Fallgebers vorrangig vor der Schilderung der Fakten. Die Erzählung soll nicht länger als ca. 5 Minuten dauern. Die Zeitvorgabe regt zu einer Fokussierung des Problems an.
Im Anschluss an die Fallerzählung richten die Gruppenmitglieder Informationsfragen an die fallgebende Person. Diese Fragen dienen dem vertieften Verständnis des Problems und sollen keine Lösungsvorschläge enthalten. Bei den Nachfragen ist darüber hinaus darauf zu achten, dass diese keine impliziten Bewertungen und Deutungen enthalten. Zulässig sind folgende Fragen: Wie war das genau…? oder Wie hast du das gemeint?. Störend und bewertend sind Fragen wie: Warum hast du…? oder Hast du schon einmal daran gedacht, dass …? Für die Informationsfragen inklusive der Antworten der Fallerzählerin/des Fallerzählers sind max. 5 Minuten vorgesehen.
3. Schlüsselfrage und Methode (5 Minuten)
Das Finden einer passenden Schlüsselfrage, welche die konkrete Fragestellung zuspitzt, ist zentral für die Kollegiale Beratung. Die Erarbeitung der Schlüsselfrage bedeutet die Weichenstellung für den Beratungsprozess, weil sich alle mit ihren Beiträgen auf den formulierten Beratungsbedarf beziehen. Für die fallgebende Person bedeutet die Trennung zwischen der Problembeschreibung in der Spontanerzählung und der ersten Fokussierung auf eine konkrete Frage eine Entlastung.
Eine passende Schlüsselfrage bezieht sich auf veränderbares Verhalten oder Erleben, im Sinne der Frage: Was kann ich dafür tun, um etwas zu erreichen, zu verändern oder zu verhindern? Nach dem Finden der Schlüsselfrage einigt sich die Gruppe auf eine Methode, die zum Beratungsanliegen passt. Wenn es der fallgebenden Person schwerfällt, die Schlüsselfrage zu finden, kann sie die Gruppe um Unterstützung bitten.
4. Beratung (10 Minuten)
In dieser Phase tragen die Gruppenmitglieder – entsprechend der gewählten Methode – ihre Einfälle, Vorstellungen, Phantasien und eigenen Erfahrungen zur Schlüsselfrage zusammen. Die Protokollierende notiert die Beiträge der Gruppe.
In die Beratungsphase spricht die Gruppe die fallgebende Person nicht direkt an. Dabei hilft, wenn die fallgebende Person sich zurücknimmt, sich etwas aus dem Kreis heraussetzt und schweigt. Auch wenn die Zurückhaltung schwerfällt, konzentriert sich die fallgebende Person auf Zuhören und Aufnehmen, was der Gruppe einfällt.
Bei der Formulierung der Beiträge hat sich die Beachtung folgender Regeln bewährt: Das Problem wird nicht bewertet, möglichst unterschiedliche Perspektiven werden genannt. Nicht lange Monologe helfen, sondern kurz und knappe Gedanken. Keine Anweisungen erteilen, sondern Möglichkeiten formulieren.
5. Rückmeldung (5 Minuten)
Die fallgebende Person kommt zurück in den Kreis. Sie teilt der Gruppe mit, was sie von den vorgebrachten Ideen und Phantasien für sich verwenden kann oder möchte. Für eine solche Bilanz können folgende Fragen sein:
- Was war für mich interessant oder neu?
- Welche Anregung nehme ich mit?
- Was werde ich jetzt konkret tun?
Regel: Die Gruppe hört schweigend zu.
6. Abschluss (5 Minuten)
Die Abschlussphase besteht aus einer Feedbackrunde zur Fallberatung. Hier gibt jede Person nur ein kurzes Statement ab, was der individuelle Gewinn aus der Beratungsrunde ist. Zusätzlich kann die Abschlussphase um ein Sharing erweitert werden. Die Beteiligten erhalten damit die Möglichkeit, einen Transfer zu eigenen Erfahrungen herzustellen, da die angesprochenen Probleme möglicherweise typisch für den beruflichen Kontext sind. So lassen sich am Einzelfall entwickelte Lösungsstrategien verallgemeinern.
Auf diese Weise lassen sich in ca. 40 Minuten gute Lösungsansätze für die Praxis erarbeiten. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gute Zeit und im nächsten Blogbeitrag stelle ich einige geeignete Methoden zur Lösungsfindung vor.