Konflikte gehören zum Leben, wie weinen und lachen. Es gibt kein Leben ohne Konflikte. Wir sind geprägt durch unsere Biographie und Lebenserfahrung. Wie sind Ihre Selbstbeobachtungen ausgefallen? Ich bin gespannt auf Ihre Erfahrungen. Heute der 7. Teil in der Reihe darüber, um was es eigentlich im Konfliktfall geht.
Was passiert hier eigentlich gerade …
Sitzen Sie in Konfliktsituationen auch oft da und fragen sich: „Um was in aller Welt geht es jetzt eigentlich?“ Sie verstehen nicht, um was gerade gestritten wird.
Wasser oder kein Wasser?
Um das heutige Thema genauer zu beleuchten hole ich etwas weiter aus. Vor einigen Jahren war ich mit dem Fahrrad in den Pyrenäen unterwegs. Auf der einen Seite der Berge – alles grün, saftige Almen. Auf der anderen Seite des Bergkamms: alles verdorrt, Trockenheit. Damals habe ich gedacht, wenn es hier zum Konflikt kommt, dann wegen des Wassers. Die eine Seite verfügt über Wasser, die andere Seite nicht oder nur über zu wenig Wasser. Diesen Konflikt nennen wir Verteilungskonflikt. Menschen streiten sich um die Verteilung von häufig knappen Ressourcen.
Was ist uns was wert?
Die nächste Konfliktart sind Wertekonflikte. Stellen Sie sich vor: In einer Organisation wird darum gestritten, ob bei einem Produkt die Qualitätsanforderungen etwas heruntergeschraubt werden können, bei gleichzeitiger Erhöhung des Preises.
Die eine Gruppe sagt: „Der Markt gibt das her, das können wir so machen.“ – Die andere Gruppe sagt: „Damit verletzen wir unsere eigenen Qualitätsansprüche und das wird sich nachteilig auswirken.“
Hier haben wir es mit einem klaren Wertekonflikt zu tun. Gewinnstreben gegen Qualitätsstreben.
Hier geht es um die Macht!
Da stehen zwei Personen zur Wahl. (Sie müssen jetzt nicht gleich an Hillary Clinton und Donald Trump denken, obwohl das gerade ein total passendes Beispiel ist.) Beide wollen die Wahl gewinnen. Sie kämpfen mit allen Mitteln darum; scheuen sich nicht, den Konfliktgegner zu verunglimpfen. Das ist ein klarer Machtkonflikt. Das haben Sie oft in Teams, da geht es darum, wer hat was im Team zu sagen, wer behauptet seinen Platz.
In welcher Beziehung stehen wir zueinander?
Andreas ist verärgert, weil seine Kollegin Elke ihm schon wieder über den Mund gefahren ist. Ihm platzt der Kragen und Elke wundert sich, was sie denn so Schlimmes gemacht haben soll. Hier haben wir es mi einem Beziehungskonflikt zu tun, den sicher aller nur allzu gut kennen. In Beziehungskonflikten geht es in aller Regel darum, vom anderen wahrgenommen zu werden, gesehen zu werden, mit den eigenen Wünschen und Bedürfnissen.
Es geht uns doch um die Sache
Zum guten Schluss stelle ich noch den Konflikt vor, von dem wir meistens glauben, es ginge im Konfliktfall hierum: um die Sache. Das wäre zu schön. In unserer Vorstellung denken wir, man tauscht Argumente aus und die besseren Argumente werden den Ausschlag geben. Das passiert sicher auch, Gott sei Dank, aber leider vermischen sich Sachkonflikte zu oft mit anderen Konflikten.
Knifflige Führungsaufgabe
Das ist für Sie als Führungskraft dann die knifflige Aufgabe, herauszufinden, um welche Art von Konflikten es denn eigentlich geht. Vor allem dann wird es knifflig, wenn es sich um Mischungen handelt. Schärfen Sie Ihre Beobachtungsgabe. Treten Sie innerlich einmal drei Schritte zurück und beobachten die Situation. Versuchen Sie herauszufinden, welche Konfliktart vorherrscht. „Und dann?“, werden Sie sich fragen.
Kleiner Tipp
Teilen Sie Ihre Wahrnehmung Ihrem Team mit. Nicht als „Besserwisser“ sondern als Beobachtung, die Sie selbst auch noch in Frage stellen. Das macht für Ihre Teammitglieder die Türe auf, selbst darüber nachzudenken, was gerade passiert. Damit haben Sie schon ganz viel gewonnen. Auch wenn sich dadurch nicht alle Konflikte lösen lassen – das ist sowieso nicht möglich. Wir können die meisten Konflikte nur versuchen möglichst gut zu gestalten; auflösen lassen sich die meisten Konflikte nicht. Und um Entscheidungen werden Sie auch nicht herumkommen – nur Sie werden besser verstehen, was gerade verhandelt wird und können sich mit Ihren Entscheidungen darauf einstellen.
Denksportaufgabe #7
Und hier die Denksportaufgabe für die kommenden vierzehn Tage. Für Sie als Teamleitung sind die spannenden Fragen:
- Um welche Konfliktart handelt es sich „eigentlich“?
- Was bedeutet das für meine Leitungsentscheidungen?
Schauen Sie sich selbst und Ihrem Team doch einmal über die Schulter – was Sie beobachten und halten Sie Ihre Selbst-Beobachtungen fest.
Mehr zur Frage: „Was passiert in Konflikten auf dem Tisch und was geschieht unter dem Tisch?“ lesen Sie im nächsten Blogbeitrag. Bis dahin wünsche ich Ihnen alles Gute und vor allem: interessante Selbst-Beobachtungen.
Mit konstruktiven Grüßen aus Wuppertal
Ihre Sabine Wengelski-Strock
Weitere Beiträge der Reihe:
- K wie Konflikt
- Warum lieben manche die Harmonie und andere das Kampfgetümmel?
- Wie frei sind wir eigentlich in Konfliktsituationen?
- Wissen Sie eigentlich, wofür Konflikte gut sind?
- In welchen Situationen geraten wir in Konflikt mit uns selbst?
- Wieso geraten wir immer wieder mit anderen Menschen aneinander?