Wie frei sind wir eigentlich in Konfliktsituationen?

Konflikte gehören zum Leben, wie weinen und lachen. Es gibt kein Leben ohne Konflikte. Wir sind geprägt durch unsere Biographie und Lebenserfahrung. Wie sind Ihre Selbstbeobachtungen ausgefallen? Ich bin gespannt auf Ihre Erfahrungen. Heute der 3. Teil in der Reihe über die eigene Freiheit.

Das kennen Sie auch …

Eine völlig normale Situation, die Sie sicherlich auch kennen. Sie haben sich wirklich total fest vorgenommen, in dem nächsten Streit mit Ihrer Kollegin sachlich zu bleiben und nicht aus der Haut zu fahren. Und was passiert? Ihre Kollegin sagt in der Auseinandersetzung – die bis dahin ganz sachlich verlaufen ist – ein Stichwort und Sie vergessen Ihre guten Vorsätze.

Das gleiche gibt es auch andersherum. Sie haben sich vorgenommen, endlich einmal klar und deutlich zu sagen, was Sie stört. Komischerweise klappt in der entsprechenden Situation dieses Vorhaben so ganz und gar nicht.

Wieso ist das so, dass wir bei Konflikten so schnell in Muster zurückfallen, die wir uns ganz anders vorgenommen haben? Für mich hat das viel damit zu tun, wie frei sind wir tatsächlich in unseren Handlungen und wie stark sind wir durch unbewusste Prozesse gesteuert?

Wer ist eigentlich Herr im eigenen Hause?

Schon der Erfinder der Psychoanalyse, Sigmund Freud, hat vor mehr als einhundert Jahren an einer Stelle ganz markant gesagt: Wir sind nicht Herr im eigenen Hause. Unser Handeln ist sehr bestimmt von unseren unbewusst gespeicherten Erfahrungen, Vorstellungen und Wünschen. Das schließt an meinen vorigen Blog-Artikel an. Da ging es darum aufzuzeigen, dass wir durch unsere Biografie geprägt sind.

Heute gehen wir einen Schritt weiter. Die Überzahl unserer Handlungen ist durch Unbewusstes geprägt, gesteuert. Darauf haben wir verflixt wenig Einfluss. Stellen Sie sich an dieser Stelle den berühmten Eisberg vor: Ein Siebtel schaut aus dem Wasser, die sechs anderen Siebtel bleiben unter Wasser – und gehören dennoch dazu. So ähnlich ist das mit dem Unbewussten. Es gehört zu uns, aber wir nehmen vom Unbewussten nur etwas wahr, wenn es uns einen Strich durch die Rechnung macht. Also, wenn wir anders handeln, als wir uns eigentlich vorgenommen hatten.

Wem nützt das?

Bei der Untersuchung der Frage „Wieso ist das so?“ kann eine etwas paradoxe Frage weiterhelfen. Die Frage lautet: Wem nützt das, wenn ich anders handele als gewollt? Wer hat etwas davon? Sigmund Freud würde an dieser Stelle fragen: „Was ist der sekundäre Krankheitsgewinn?“ Nun geht es hier nicht um krank oder gesund, aber die Frage hilft insofern weiter, weil sie unseren Blick auf das Unbewusste lenkt.

Was hat die eigene Psyche davon, etwas zu tun, was der wache Verstand gar nicht will? Sie braucht keine „inneren Veränderungen“ vorzunehmen. Die Psyche ist eine ziemlich träge Angelegenheit. Sie strebt nicht nach Veränderung. Das ist grob gesprochen der Hauptgrund. Viele andere Gründe sind sehr individuell. Oft ist die Angst vor den Folgen dabei mit Spiel. Erfahrungen, die uns in unserer Kindheit und Jugend gelehrt haben, ein bestimmtes Verhalten zu bevorzugen.

Kleiner Tipp

Auch dieser Gedanke schließt an den vorigen Blog-Artikel dieser Reihe an. Nur jetzt fragen wir nach dem unbewussten Sinn des Handelns, das ist eine neue Perspektive? Was vermeidet die Psyche dadurch, was ist der „innere Gewinn“, wenn wir beim alten Verhalten bleiben. Der Tipp heißt hier: Fragen Sie sich einmal ganz ehrlich und ungeschminkt – was Ihr innerer Nutzen sein könnte.

Auch wenn Ihnen eher unangenehme Gedanken dabei kommen – nicht einfach wegschieben, sondern so betrachten, dass es kluge Schlüssel für ein kompliziertes Schloss sind. Denn oft finden sich in unseren Denken und Fühlen auch peinliche und angenehme Gedanken. Wir haben nur gelernt, sie einfach nicht zu denken. Das ist wie mit dem „rosa Elefanten“. Stellen Sie sich einmal „keinen rosa Elefanten“ vor. Das geht nicht. So ist das auch, wenn wir denken „ich bin nicht ärgerlich“. Schwups, da ist der Ärger schon vorhanden, wie der rosa Elefant.

Denksportaufgabe #3

Und hier die Denksportaufgabe für die kommenden vierzehn Tage. Für Sie als Teamleitung sind die spannenden Fragen:

  • Wann und bei wem schlucke ich Gefühle und Gedanken runter, schiebe sie beiseite?
  • Wann, bei wem und wie spreche ich sie aus?
  • Wem nützt das eigentlich?

Schauen Sie sich selbst doch einmal über die Schulter – wie Sie reagieren und halten Sie Ihre Selbst-Beobachtungen fest.

Mehr zur Frage, wissen Sie eigentlich, wofür Konflikte gut sind, lesen Sie im nächsten Blogbeitrag. Bis dahin wünsche ich Ihnen alles Gute und vor allem: interessante Selbst-Beobachtungen.

Mit konstruktiven Grüßen aus Wuppertal
Ihre Sabine Wengelski-Strock

 

Weitere Beiträge der Reihe:

  1. K wie Konflikt
  2. Warum lieben manche die Harmonie und andere das Kampfgetümmel?