Anruf vom Redakteur der Fachzeitschrift: „Sie hatten da doch diese Superidee, im nächsten Heft einen Artikel zu veröffentlichen. Ich habe noch vier Seiten frei. Also bleibt es dabei?“ – „Ja natürlich, gerne!“ Das ist doch wieder einmal eine gute Chance, etwas zu veröffentlichen, was mir schon lange im Kopf herumgeht. Ist zwar bisschen knapp, aber morgen hab ich ja zwei Stunden, da kann ich mich für eine erste Skizze dransetzen.
Nächster Tag. Ich sitze am Schreibtisch. Und was passiert? Ich habe ein gigantisches Brett vorm Kopf, bestimmt richtig gute Eiche. Die klugen Gedanken aus dem Gespräch sind wie weggeblasen, die ganze Idee an sich hat sich in Luft aufgelöst. Nix mehr da! Was nun?
Peinlich, peinlich – Leere im Kopf
Viele Menschen, die schreiben, kennen das – von Examensarbeiten, Buchartikeln, Vortragsvorbereitungen … Und ja, es ist ganz natürlich, dass es mal hakt. Aber ehrlich gesagt: Das erste Gefühl, das sich dann bei mir einstellt, ist unangenehm. Ich ärgere mich, denn ich will etwas Wichtiges sagen und bekomme es nur gerade nicht aufs Papier beziehungsweise in ein den Computer.
Wie rücke ich dem Brett zu Leibe?
Ich nehme jetzt den Schraubenzieher und schraube das Brett ab. Das ist bei dicken Brettern manchmal anstrengend, aber lohnenswert.
Die Ambivalenz zwischen WOLLEN und NICHTWOLLEN einfach nur wahrnehmen.
Immer, wenn wir wollen, aber nicht tun … oder nicht können … hält uns etwas zurück. Das kann ganz verschiedene Wurzeln haben. Manchmal weiß man einfach gerade nie, wie man etwas anpacken soll. Nicht umsonst ist das Brett vorm Kopf ein ganz bekannter Effekt, wenn Menschen kreativ arbeiten wollen. Da stellt sich häufig zunächst mal eine große Leere ein. Ohne diese Leere ist Kreativität gar nicht möglich. Denn erst dann steigen die guten Gedanken in uns auf. Das fällt uns nur oft schwer auszuhalten. Dazu gesellen sich dann gern die Selbstzweifel. Man fühlt sich gerade überfordert, was beim Schreiben sogar noch aus Kindertagen herrühren kann, wo das eigene, das Selbstgeschaffene nicht gut gewürdigt wurde. Also nicht sauer sein oder irgend etwas erzwingen wollen, sondern sich einfach mal dessen bewusst sein, dass Sie zwar wollen, aber es gerade nicht auf Anhieb geht.
Bloß nicht ausweichen!
So verständlich die klassischen Ausweichstrategien sind – erst mal Tee kochen, Kontoauszüge sortieren und die Fenster müssten auch mal wieder geputzt werden … Bitte, geben Sie diesem Impuls nicht nach! Lassen Sie die Kontoauszüge, wo sie sind! Denn Ausweichen bedeutet, dem inneren Widerstand nachzugeben, und das wollen wir nicht! Denn das vertreibt jegliche Kreativität. Was wir wollen ist: den inneren Widerstand aufweichen, verflüssigen.
Bestimmen Sie den Blick aufs Brett.
Wenn wir blockiert sind, ärgern wir uns, sind frustriert oder versteifen uns. Manche versuchen es mit Willenskraft, andere geben sich innerlich gehörig eins auf die Mütze.
Meine beste Strategie: Von diesem schönen Eichenbrett, da lasse ich mich doch nicht ärgern, mir die Lust nicht nehmen! Daraus lassen sich schöne Bilder entwickeln: Ein Brett vor dem Kopf ist nicht schlimm, dann hat man auch Feuerholz für den Winter.
Beim Denken in Bildern passiert etwas in uns. Der Widerstand löst sich auf, es fällt nicht nur der Druck von uns ab, sondern es fällt uns plötzlich jede Menge ein! Denn Gedanken lassen sich genau so hervorlocken.
Jetzt aber schnell mitschreiben!
Jetzt ist der Moment gekommen, schnell zum Stift oder zur Tastatur zu greifen und die flüchtigen Gedanken zu sichern. Denn nun hat sich die Blockade im Kopf gelöst, weil wir nicht mit Druck rangegangen sind, sondern die Gedanken in Fluss gebracht haben.
Das Hirn dreht sich nun nicht mehr ums blockiert Sein, sondern Sie können jetzt zurück zu Ihrem Schreibthema gehen und das notieren, was Ihnen dazu einfällt. Nicht gleich superstrukturiert und durchdacht sein wollen – sondern einfach mal wild denken dürfen. Und alles festhalten, damit die guten Gedanken sich nicht wieder verflüchtigen, denn das haben solche kreativen Ideen und Denkprozesse gern an sich: kaum gedacht, schon wieder verschwunden.
Sind sie erst einmal gesichert, dann steht einer Pause nichts mehr im Wege (falls Sie doch unbedingt die Fenster noch schnell putzen wollen), denn die Schreiblust hat wieder Oberhand gewonnen, die Aufgabe hat einen Griff zum Anfassen bekommen.
Motivierende Grüße sendet Ihnen
Ihre Sabine Wengelski-Strock