Haben Sie schon mit Widerstand Bekanntschaft gemacht?

Sie stecken mitten in einem Fusionsprozess oder sind in der Planungsphase. Und es ist völlig unerheblich, ob Sie einen kleinen, überschaubaren Fusionsprozess oder einen umfangreichen, großen Prozess steuern. Die Widerstände, mit denen Sie es zu tun haben, sind die gleichen.

Im vorigen Blogbeitrag zum Thema „Fusion“ war der zentrale Punkt: Wie wecken Sie das Gefühl von Dringlichkeit? Heute schauen Sie sich die Widerstände an. Sie wissen, Widerstände sind ganz normal. Widerstände entwickeln wir alle, meist ohne es zu merken, denn hier spricht unser Unbewusstes mit. Wir können nicht direkt auf das Unbewusste einwirken. Leider oder Gott sei Dank – denn wir Menschen sind ja keine Schweizer Uhren, die gangtreu laufen, wenn sie einmal eingestellt sind. Wären wir Menschen so geregelt steuerbar, dann gäbe es auch keine Kreativität.

Zurück zum Widerstand …

Wenn Sie sich Ihre Mitarbeiterschaft vorstellen, werden sie schnell merken, dass sie sich bei Veränderungen, also auch bei einer Fusion, grob in drei Gruppen einteilen lassen:

  • 30% unterstützen das Vorhaben und kooperieren.
  • 50% sind neutral und nehmen eine abwartende Position ein.
  • 20% leisten aktiven Widerstand gegen Veränderungen.

Die schlechte Nachricht hierbei ist, sie werden die 20% kaum erreichen, auch mit den größten Anstrengungen nicht. Die gute Nachricht ist: Wenn Sie sich der Widerstandsebene bewusst sind und entsprechend steuern, nehmen Sie die 50% in der abwartenden Haltung mit in den Prozess der Veränderung durch Fusion.

Und hier kommt schon der erste Tipp: Widerstand können Sie nicht brechen. Sie können zwar dagegen ankämpfen, verlieren dabei jedoch viel Energie und Motivation. Sehen Sie Widerstand als etwas Notwendiges an. Arbeiten Sie mit dem Widerstand – nicht dagegen.

„Ich versteh das alles gar nicht.“

Stellen Sie sich als Verantwortlicher in einem Fusionsprozess Ihr Team vor. Wer von ihren Mitarbeitenden sagt bei der anstehenden Fusion: „Ich versteh das nicht, wieso wir jetzt mit der Abteilung XY zusammenarbeiten sollen, warum wir von A nach B umziehen sollen …“ Das markiert die erste Widerstandsebene. Hier liegt ein Mangel an Information vor. Führungsgremien gehen oft davon aus, dass die Mitarbeitenden hinreichend informiert sind. Oft wird dabei vergessen, dass Mitarbeiter nicht so im Thema sind wie die Führungskraft. Sie müssen durch transparente und vor allem auch ehrliche Information im wahrsten Sinne des Wortes wieder ins Boot geholt werden.

Wichtig ist hierbei, nicht alle Menschen reagieren auf Informationen gleich. Sie müssen unterschiedliche Informationskanäle bedienen, damit wirklich auch alle erreicht werden. Die unterschiedlichen Informationskanäle: Augen, Ohren, Sinnlichkeit und Gefühle müssen gleichermaßen bedient werden. Der eine reagiert auf einen Brief, in dem alles gut erklärt ist, den er oder sie mit nach Hause nehmen kann und in Ruhe studieren kann. Jemand anderes reagiert auf eine zündende Rede mit der Möglichkeit, direkt zurückzufragen und ein Dritter braucht das Forum, seine Bedenken und Gefühle äußern zu können und mitsprechen zu dürfen. Die sachliche Information allein reicht nicht aus. Wenn Sie lediglich auf sachliche Information setzten, dann verspielen Sie vorhandene Chancen.

„Ich mag das alles gar nicht.“

Dieser Widerstand ist schon sichtbar stärker, denn die betroffenen Mitarbeitenden sind emotional ausgestiegen. Veränderung macht Angst, und aus ‘Nicht verstanden’ wird dann schnell emotionale Ablehnung. Gewohnheiten aufgeben, neue Wege beschreiten – das verunsichert. Hier müssen Sie sich als Führungskraft überlegen, wie Sie Ihre Leute emotional wieder einfangen. Sie können sich vorstellen. Überlegen Sie: Wer aus dem Team, aus der Abteilung hat diese Widerstandsebene signalisiert?

Für viele Menschen bedeutet Fusion Verlust von Macht, Kontrolle und Status – es kommen andere Menschen hinzu. Das wirbelt ein Team, eine Abteilung durcheinander und das Machtgefüge verändert sich. Das erzeugt Unsicherheit über die Bedeutung der eigenen Position.

Diese Unsicherheit kippt schnell in ein Gefühl von Angst, Isolation oder Verlassen werden. Auf der Sachebene müssen künftige Strukturen und Verantwortlichkeiten transparent kommuniziert werden. Auf der Beziehungsebene brauchen Menschen das Gefühl, sie sind mit Ihren Fragen nicht alleine und werden von Ihnen als Führungskraft verstanden, auch wenn Sie noch alle Fragen beantworten können.

Viele Unternehmen sind von anhaltenden Veränderungen betroffen. Das löst bei Mitarbeitenden oft das Gefühl aus, nichts weiter annehmen zu können. Die Menschen sind  dann müde geworden. Für Sie stellt sich dann die Frage, erreichen Sie Ihre Mitarbeiter emotional und haben Sie Verständnis dafür, dass ständiges Abschiednehmen von Vertrautem anstrengend ist? Dann haben Sie schon die Hälfte gewonnen.

„Ich mag dich nicht.“

Das ist die stärkste Widerstandsebene. Die Personen stehen am äußersten Rand zur inneren oder direkten Kündigung. Sie sind kurz vor dem Absprung. Denn hier ist Vertrauen in die Führungsebene verloren gegangen. Entweder ist Zugesagtes nicht eingehalten oder zu viel Veränderung ist nicht ‘fertig abgearbeitet’ worden oder für die Mitarbeitenden sind nur Nachteile entstanden. Hier kann nur durch konsequentes Aufbauen von Vertrauen gegengesteuert werden.

Und wer ist jetzt noch im Boot? Hoffentlich viele! Ich wünsche Ihnen Geschick und gute Steuerung in Ihrem Fusionsprozess.

Ihre Sabine Wengelski-Strock

 

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